Der erste Deutsche Corporate Transformation Day in der Nachschau – Teil 5

 

Der Abschnitt fünf, der unsere Web-Konferenz abschloss, trug den Titel „Mergers and Acquisitions erfindet sich neu“ mit dem Untertitel „die Transformation des komplexesten Projekttyps für Unternehmen“.

 

Hiermit drangen wir wieder zum innersten Kern der BM&A-Mission vor, dessen Zielsetzungen, Methodiken und Rollen zum unternehmerischen Umbau sich in einer Dynamik und einer Vielfalt wie nie zuvor in der Geschichte unseres Verbandes verändern.

 

Dieses Thema ist notwendigermaßen wieder zu einer zentralen Arbeitsstätte des Verbandes geworden. Wir hatten dazu bereits eine Reihe einzelner Kurzveranstaltungen abgehalten. Unmittelbar vor unserem Transformationstag fanden zwei weitere Großveranstaltungen statt, an denen der Bundesverband Mergers & Acquisitions e.V. in führenden Funktionen teilnahm. Dies war die rethink-M&A-Konferenz am 27. September in Frankfurt-Gravenbruch sowie der umgebaute Corporate M&A-Kongress, der dieses Jahr am 4. Oktober in der Messe Frankfurt stattfand. An beiden Konferenzen war der BM&A in der Einführung und mit den wichtigsten Beiträgen zur Erneuerung von Mergers and Acquisitions beteiligt. Um sich inhaltlich nicht zu wiederholen hatten wir unsere Beiträge unterschiedlich positioniert, mit jeweils anderen inhaltlichen Schwerpunkten und verschiedener Art der Darbietung, also Präsentationen, Diskussionsrunden und Teams zur Weiterentwicklung von M&A.

 

Aus diesem Grunde wählten wir für den Corporate Transformation Day eine Darstellungsweise und inhaltliche Betrachtung, die sich von den kurz zuvor stattgefundenen Veranstaltungen stark unterscheidet. Dies schlug sich in unserem Programm wie folgt nieder:

 

Wir präsentierten nicht zum wiederholten Mal die verschiedensten Prozessmodelle zur Führung von Fusionsprojekten mit den Veränderungen, die durch neue Randbedingungen entstanden sind. Vielmehr konzentrieren wir uns auf Kernbotschaften wie wir sie in den davor liegenden Workshops und Konferenzen herausarbeiten und entwickeln konnten.

 

Zu diesem Kernbotschaften gehört die Erkenntnis, dass Innovationen bei Fusionsprojekten sehr stark von digitalen Geschäftsmodellen getrieben werden und viel weniger als zuvor vermutet von private Equity. Dementsprechend trug das einleitende Referat den Titel „Digitale Geschäftsmodelle als Treiber für M&A“. Vorgetragen wurde dies von Jens Weber, Partner bei EY-Parthenon und langjähriger Kombattant des BM&A.

 

Weber behandelte unter anderem den Einsatz von künstlicher Intelligenz bei M&A-Tools und -Prozessen. Seinem Urteil nach wird die faktische Rolle, die KI bei M&A zugesprochen wird, erheblich überschätzt. Die Praxis zeigt, dass die Vorgehensweisen viel stärker aus der operativen Erfahrung abgeleitet werden. Diese schlagen sich zum Beispiel in „digitalen Blueprints“ nieder, also an digital-hinterlegten Bausteinen, die aus Erfahrungen von davor liegenden Projekten abgeleitet wurden. Aber der Einsatz solcher Blueprints allein kann die Erwartungen an spezifische Ergebnisse nicht erfüllen. Insofern sind nach wie vor Führungserfahrungen entscheidend, wobei die Kenntnisse über jüngste Entwicklungen aus digitalen Geschäftsmodellen vorauszusetzen sind.

 

Hauptziel aus einer Transaktion ist heute wie früher die Wertsteigerung. Die dazu notwendigen Transformationen sollten sich primär auf die Realisierung von langfristigen und hohen Zielen ausrichten und weniger auf die typischen kurzfristigen Verbesserungspotenziale, die zumeist marginaler Natur sind. Die Digitalisierung von Unternehmen wird im Wesentlichen von den Strategieabteilungen angeschoben. Im Vergleich zum anglo-amerikanischen Raum hat Deutschland dabei aber Rückstände zu verzeichnen.

 

Den zweiten Vortrag im Abschnitt 5 hielt Michael Scheibner, Chief Strategy Officer bei der GK Software SE. Der Titel seines Beitrages lautete „M&A im digitalen Umfeld – ein Praxisbericht aus dem Retailsektor.

 

Scheibner stellte die Aussage in den Vordergrund , dass nicht etwa die KI-Truppe das neue M&A prägt sondern entschieden durch die Kultur des Treibers im jeweiligen M&A-Fall bestimmt wird: „Strategy for Breakfast“.

 

In der heutigen Zeit der vordringenden Cyberangriffe auf M&A müssen Security Guidelines des M&A-betreibenden Unternehmens durchgesetzt werden. D.h.: aufräumen! Dazu gehören sorgfältige Dokumentationen. Vor allem spielen Gate Keeper eine Rolle, damit die Teams nicht unterlaufen werden können.

 

Duo-linguale Sprachbarrieren sind zu überwinden. Das Zusammengehen mit Startups erfordert spezifische Integrationsmodelle, so etwa inverse Integrationen, da Neugründungen viel schneller und viel schlanker agieren können. Es macht aber auch Sinn, bestehende Strukturen zunächst stehen zu lassen und später zusammenzuführen.

 

Den abschließenden Vortrag im Abschnitt 5 lieferte Michael Timmermann, Geschäftsführer von Timmermann und Partners, mit dem Titel „Die Wiederentdeckung des Menschen bei M&A“.

 

Wir hatten dieses Thema explizit aus der Beobachtung heraus gewählt, dass die große Aufmerksamkeit heute der Digitalisierung von M&A gilt wobei aber die Performance von Fusionsprojekten gar nicht besser wurde. Einer der Gründe für die Stagnation auf niedriger Leistungsebene liegt darin, dass die Anforderungen bei Projekten zur Zusammenführung von Unternehmensteilen in den vergangenen Jahren immer höher geworden sind, etwa durch zunehmend heterogene Partnerschaften und damit größere Kulturunterschiede, die zwischen verschiedenen Regionen, unterschiedlichen Geschäftsansätzen, Größenunterschieden zwischen den Partnern auftreten.

 

Um diese zu überbrücken spielt der Faktor Mensch weiterhin die entscheidende Rolle bei der Integration. Da die Integration aufgrund der vorgenannten Faktoren immer anspruchsvoller und ehrgeiziger wird, muss in den Faktor Mensch noch mehr investiert werden.

 

So tragen also die Faktoren aus der technischen Seite – vor allem der Digitalisierung – und die menschlich-kulturelle Seite im heutigen und zukünftigen M&A entscheidende Rollen. Man könnte diese beiden Seiten auch als Antagonisten, besser aber als synergetische Treiber des neuen M&A ansehen.

 

Unter diesem Rahmen unterbreitete Michael Timmermann sein Konzept von Leistungen, die im Zuge der human-kulturellen Integration zu erbringen sind. Timmermann entwickelt dazu mit seinen Klienten möglichst „wirklich transformationale, also langfristige und auf Entwicklung ausgelegte Partnerschaften“. Die Beraterleistungen dazu sind: Strategie-Implementierung, Agile Transformation, Topteam-Entwicklung, Diagnostik, Kulturentwicklung, Fachberatung und M&A-Change-Begleitung.

 

Zur Diskussion:

Die abschließende fachliche Diskussion zum Themenrahmen „Digitalisierung versus Kulturmanagement“ fand im Kreis der Vortragenden und unter Einschluss des Moderators Kai Lucks statt. Die zu den Vorträgen genannten Einflussgrößen, Richtungsentscheidungen und Lösungsansätze wurden nochmals bestätigt. Auch wurde wiederholt, dass wir uns derzeit in einer umfassenden Transformation des M&A-Prozesses befinden.

 

Als einen möglichen weiterführenden Schritt sehen wir die Bildung eines Arbeitskreises zur Weiterentwicklung von M&A, in dem zum Beispiel Instrumente und Ansätze zur Digitalisierung von M&A vorgestellt und diskutiert werden wie sie etwa im Internet oder bei Dienstleistern „zum Verkauf“ stehen. Damit wäre es möglich, Angebote ihrer Qualität nach zu bewerten und diese Ergebnisse einer breiteren Community zur Verfügung zu stellen. Es hatte sich nämlich bei sorgfältiger Sichtung der im Internet angebotenen digitalen Beratungsprodukte herausgestellt, dass hier enorme Qualitätsunterschiede zu beobachten sind. Viele Produkte sind unreif und warten nur auf Kunden, die Gelder bereitstellen um die darauf aufbauende Beratungsleistungen einzukaufen. Dabei zahlen sie möglicherweise dreifach, nämlich erstens das Beratungshonorar, zweitens die Entwicklungskosten die der Berater eigentlich im Vorfeld zum Verkauf seiner Produkte aufwenden sollte und drittens indem der Kunde das Personal des beratenden Unternehmens in seinem Projekt trainiert und damit das gemeinsame Wissen an einen Externen transferiert, statt dies im Unternehmen zu behalten, indem eigene M&A-Leute ausgebildet werden.

 

 

Die Aufzeichnung dieses Teils der Veranstaltung sowie aller weiteren Themenblöcke können Sie hier auf dem BM&A YouTube-Kanal ansehen.